07.09.2023

Wie Du Verlangensleistungen rechtssicher vereinbarst und betriebswirtschaftlich stimmig kalkulierst

Sabine Schmidt,
Abrechnungsspezialistin

Fast alle Zahnarztpraxen bieten ihren Patienten sogenannte „Verlangensleistungen“ an. Häufig fehlen jedoch die Kenntnisse, wie diese berechnet, dokumentiert und kalkuliert werden. 

Dieser Blog-Beitrag gibt Dir Aufschluss über die wichtigsten Fakten.

Was sind Verlangensleistungen?

Bei sogenannten Verlangensleistungen handelt es sich um Leistungen, die medizinisch nicht notwendig sind. Häufig findet man hierunter auch kosmetisch-ästhetische Leistungen.

WO FINDET MAN DIE GESETZLICHE GRUNDLAGE HIERFÜR?

  • 2 Abs. 3 GOZ (Gebührenordnung für Zahnärzte) regelt die Berechnung von Verlangensleistungen:

Leistungen nach § 1 Absatz 2 Satz 2 und ihre Vergütung müssen in einem Heil- und Kostenplan schriftlich vereinbart werden. Der Heil- und Kostenplan muss vor Erbringung der Leistung erstellt werden; er muss die einzelnen Leistungen und Vergütungen sowie die Feststellung enthalten, dass es sich um Leistungen auf Verlangen handelt und eine Erstattung möglicherweise nicht gewährleistet ist. § 6 Abs. 1 bleibt unberührt.

WAS SIND SOGENANNTE VERLANGENSLEISTUNGEN?

Verlangensleistungen sind z.B.:

  • Bleaching aus kosmetischen Gründen
  • Veneers aus kosmetischen Gründen
  • Diastemaverschluss aus kosmetischen Gründen
  • Austausch intakter Füllungen
  • Sportschutzschienen
  • Reiseprothesen

(Sabine Schmidt, Expertin für zahnärztliche Dokumentation und Abrechnung, Mentorin, Speakerin und Dozentin)

WELCHE VEREINBARUNG MUSS MIT DEM PATIENTEN GETROFFEN WERDEN?

Mit dem Patienten muss vor Durchführung der Leistung eine Honorarvereinbarung nach § 2 Abs. 3 GOZ getroffen werden.

In dieser Vereinbarung muss aufgeführt werden, welche Leistung mit welchem Honorar berechnet wird.

Werden Leistungen als Verlangensleistungen berechnet, die in der GOZ enthalten sind, werden die originären GOZ-Leistungen mit dem entsprechend kalkulierten Steigerungsfaktor in Ansatz gebracht. Der Therapieplan bzw. die Rechnung muss jedoch den Zusatz enthalten, dass es sich um eine Leistung auf Verlangen handelt und eine Erstattung in der Regel nicht gewährleistet ist.

Beim GKV-Patienten muss zusätzlich zur Vereinbarung nach § 2 Abs. 3 GOZ noch eine Vereinbarung nach § 8 Abs. 7 BMV-Z getroffen werden (Vereinbarung einer Privatbehandlung).

Reguläre Leistungen aus der GOZ sind z. B.:

  • GOZ 2220 – Veneers aus kosmetischen Gründen
  • GOZ 2050ff/GOZ 2060ff – Austausch von intakten Füllungen
  • GOZ 5200ff – Reiseprothesen.

Werden Leistungen durchgeführt, die weder in der GOZ noch in der GOÄ enthalten sind, müssen diese analog berechnet werden. Die Analogleistung muss mit dem Zusatz versehen werden, dass es sich um eine Verlangensleistung handelt. Klassische Beispiele hierfür sind z. B.:

  • Bleaching aus kosmetischen Gründen
  • Diastemaverschluss aus kosmetischen Gründen
  • Etc.
Übrigens: Viele hilfreiche Abrechnungstipps, damit Du mehr Sicherheit gewinnst und gleichzeitig Deinen Praxisumsatz erhöhst, findest Du u.a. auch in den Abrechnungsvideos. Gerne hier klicken.

WELCHE PARAMETER SIND WICHTIG FÜR DIE BETRIEBSWIRTSCHAFTLICHE KALKULATION?

Wichtige Parameter für die Kalkulation von Honorarleistungen und somit auch bei Verlangensleistungen sind:

  • individueller betriebswirtschaftlicher Stundensatz/Kostenminutensatz
  • Zeitdauer der Leistung.

Unter Zugrundlegung dieser Parameter kann ermittelt werden, mit welchem Steigerungsfaktor bzw. mit welcher Analogleistung die einzelnen Maßnahmen berechnet werden müssen.

MUSS BEI VERLANGENSLEISTUNGEN MEHRWERTSTEUER BERECHNET WERDEN?

Unterliegt die Praxis der Umsatzsteuerpflicht, müssen auch 19 % Mehrwertsteuer berechnet werden – die Rechnung ist entsprechend zu kennzeichnen.

Ob die Praxis der Umsatzsteuerpflicht unterliegt, sollte im Einzelfall mit dem Steuerberater geklärt werden.

MUSS UMSATZSTEUER AN DAS FINANZAMT ABGEFÜHRT WERDEN?

Unterliegt die Praxis der Umsatzsteuerpflicht, so muss auch Umsatzsteuer an das Finanzamt abgeführt werden.

Aus Gründen der Transparenz empfiehlt es sich für Verlangensleistungen separate Rechnungen zu erstellen. Zu beachten ist hierbei auch, dass die mit der Verlangensleistung entstehenden Begleitleistungen ebenso der Umsatzsteuerpflicht unterliegen.

GIBT ES IN DER ZAHNMEDIZIN LEISTUNGEN, DIE SOWOHL MEDIZINISCH NOTWENDIG SEIN KÖNNEN ALS AUCH VERLANGENSLEISTUNGEN DARSTELLEN?

Ja die gibt es – nachfolgend zwei Beispiele:

Veneers können aus kosmetischen Gründen durchgeführt werden – sie können aber auch dem Aufbau einer neuen Frontzahnführung dienen. Die Indikation entscheidet darüber, ob es sich um eine medizinisch notwendige Leistung oder eine Verlangensleistung handelt.

Gleich gestaltet es sich mit einem Diastemma-Verschluss. Dieser kann aus kosmetischen Gründen erfolgen, als auch phonetische Gründe haben. Wichtig ist die Dokumentation in der Karteikarte, welche Variante zutrifft.

GIBT ES AUCH WICHTIGE RECHTSPRECHUNG ZU DIESEM THEMA?

Ja, hierzu existieren mehrere Urteile – die entscheidende Rechtsprechung kommt jedoch vom Bundesfinanzhof (Urteil vom 19.03.2015 – Az.: V R 60/14)

Der Bundesfinanzhof bestätigte, dass eine Zahnaufhellungsbehandlung dann als umsatzsteuerfrei einzustufen ist, wenn sie mit einer Behandlung in Zusammenhang steht, die ihrerseits als steuerfrei eingestuft wird. Mit einer Zahnaufhellung sollten Verfärbungen aus vorherigen, medizinisch notwendigen und deshalb umsatzsteuerfreien Behandlungen (z. B. einer Wurzelkanalbehandlung) entfernt werden.

Fazit:

Pauschalberechnungen sind auch bei sogenannten Verlangensleistungen nicht möglich. Die Berechnung muss sich an den gesetzlichen Regelungen der Gebührenordnung für Zahnärzte orientieren.

Wichtig ist auch die Kennzeichnung in der Karteikarte, dass es sich um Verlangensleistungen handelt. Diese Tatsache wird auch nochmals durch die seitens des Zahnarztes/der Zahnärztin und des Patienten bzw. Zahlungspflichtigen unterzeichnete Honorarvereinbarung bestätigt.        

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