Fachwissen von den Experten

10.05.2023

Fit für die MDR Begehung

Melanie Pohl,
QM & Hygiene Coach, Fachwirtin im SGW, PM, QB, Dozentin DGSV Sach- und Fachkunde

MDR - UMSETZUNG DER EUROPÄISCHEN VERORDNUNG ÜBER MEDIZINPRODUKTE

Seit 2017 ist die Medical Device Regulation = MDR = EU-Medizinprodukteverordnung in Kraft getreten und sorgt seitdem für viele Fragen in der Praxis bzw. wie diese Verordnung umgesetzt werden kann. Die Anwendung der MDR erfolgt seit dem 26.05.2021 in den medizinischen Einrichtungen.

Hier gewinnst Du noch mehr Sicherheit und Klarheit rund um die Anwendung und Umsetzung im Hygienemanagement-MDR-Bootcamp (Aufzeichnung)

RÜCKBLICK... wieso und warum ?!

Skandale um Medizinprodukte erschütterten die Medizinwelt. Viele von uns können sich vielleicht an die französischen Brustimplantate erinnern, die mit viel krimineller Energie mit billigem Industriesilikon statt hochwertigem medizinischem Silikon gefüllt worden sind. Allein in Deutschland waren mehrere tausend von Menschen betroffen, denen die Kissen ausliefen, zerbrachen oder vorsorglich entfernt werden mussten.

Vor 2017 reichte es tatsächlich für ein Brustimplantat aus eine CE-Kennzeichnung zu erzielen, ohne eine genaue Zulassung oder Regelung des Marktes. Die Sicherheit von Medizinprodukten wurde nicht ausreichend geprüft. Die alte Medizinprodukterichtlinie (MDD) hatte viele Lücken, die den Missbrauch möglich machten.

Viele Ärzte und medizinische Einrichtungen konnten diesen Missbrauch nicht erkennen und vertrauten zu Unrecht den Herstellern zum Nachteil ihrer Patienten.

Am Mittwoch, 24. Mai fand das Hygienemanagement-MDR-Bootcamp mit Melanie Pohl statt. Die 2,5-stündige Aufzeichnung findest Du hier. Hier klicken.

WAS VERSTEHEN WIR UNTER MEDIZINPRODUKTEN?

Medizinprodukte (MP) sind Produkte für den Zweck der medizinischen Anwendung am Menschen. Die entsprechende Zweckbestimmung gibt der Hersteller vor.

Medizinprodukte können beispielsweise sein:

  • Implantate
  • Produkte zur Injektion
  • medizinische Instrumente
  • Software
  • Katheter
  • Herzschrittmacher
  • Dentalprodukte
  • Verbandstoffe
  • Sehhilfen
  • Röntgengeräte
  • Kondome
  • Produkte zur Empfängnisregelung
  • Geräte zur Aufbereitung

WELCHE BEREICHE WURDEN IN DER MDR NEU GEREGELT?

Die vielen Lücken und Graubereiche der alten MDD wurden für den besseren und sicheren Schutz der Patienten und den Medizinbereichen geschlossen und neu in der MDR von allen Mitgliedsstaaten geregelt.

Folgende Themen gehören exemplarisch dazu:

  • einheitliche Benennung und Überwachung der Benannten Stellen auf Basis konkretisierter und verschärfter Anforderungen
  • Regelung der Aufbereitung von Einmalprodukten einschließlich des Verbots der Aufbereitung bestimmter Einmalprodukte
  • Verbesserung der Identifizierung und Rückverfolgbarkeit von Produkten durch Einführung einer eindeutigen Produktidentifizierungsnummer (UDI)
  • Verpflichtung der Hersteller zur Deckungsvorsorge im Haftungsfall
  • Konkretisierung der Anforderungen an die klinische Bewertung
  • Einführung eines zusätzlichen Kontrollverfahrens für die Konformitätsbewertung der Benannten Stelle für Medizinprodukte mit hohem Risiko durch ein Expertengremium
  • Alle medizinischen Wirtschaftakteure und Gesundheitseinrichtungen sind für den gesamten Lebenszyklus eines Medizinproduktes verantwortlich. Jeder am Wertschöpfungsprozess beteiligte Partner ist nun für die Vor- und nachfolgende Stufe mitverantwortlich
  • Höhere Anforderungen an verantwortliche Personen

WELCHE BEREICHE DER MDR SIND BESONDERS IN DER ZAHNARZTPRAXIS ODER DEM ZAHNTECHNISCHEN LABOR ZU BEACHTEN?

Alle Akteure sind verpflichtet, ein Qualitätsmanagement-System einzuführen und ständig weiterzuentwickeln.

Die in dem Eigenlabor oder gewerblichem Labor hergestellten individuellen Medizinprodukte sind sogenannte „Sonderanfertigungen“, da sie nach genauen Vorgaben des Zahnarztes/der Zahnärztin vom Dentallabor speziell für diesen einen Patienten angefertigt werden.

Im HKP bzw. KV wird die Anfertigung z.B. einer Krone genau geplant und über den Laborauftrag an das Labor zur Anfertigung übermittelt.

Die Umsetzung beinhaltet die genaue Planung, Auslegung über Art & Weise, ggf. Entwicklung, Herstellung und Bereitstellung zur Übergabe an den Patienten.

Merke:
Als Hersteller von Zahnersatz hat man nicht nur einen Titel, sondern trägt auch eine hohe Verantwortung. Diese endet nicht mit dem Einsetzen bzw. der Übergabe an den Patienten, sondern schließt auch ein fortlaufendes Risikomanagementsystem plus Nachbeobachtung ein.

WAS MUSS ICH ALS HERSTELLER VON SONDERANFERTIGUNGEN BEACHTEN?

Jeder Hersteller von Sonderanfertigungen ist verpflichtet eine Konformitätserklärung nach MDR Anhang IV erstellen. Die Erklärung beinhaltet genaue Formvorschriften und Inhalte.

Die gesamte Herstellung einer Sonderanfertigung beinhaltet zudem die genaue Auflistung aller verwendeten Komponenten und Materialien inkl. Chargen/ Lotnummern. Die Dokumentation muss lückenlos sein – hierzu braucht das zahntechnische Labor schon einen detaillierten leserlichen Laborauftragszettel – alle individuellen Abstimmungen mit der Zahnarztpraxis müssen notiert und ebenfalls archiviert werden.

Die Anwendung eines Risikomanagement-Systems ist essenziell für Sonderanfertigungen. Risiken müssen identifiziert, bewertet, überwacht und gesteuert werden.

WAS IST ZUSÄTZLICH ZU BEACHTEN?

Niemand möchte freiwillig eine Angriffsfläche bieten, weshalb die klinische Nachbeobachtung und Bewertung besonders wichtig ist. Sprich die Zahnarztpraxis kontrolliert regelmäßig die zahntechnischen Sonderanfertigungen. Hierzu gehören auch:

  • Knirscherschienen
  • KFO-Apparaturen
  • Festsitzender Zahnersatz
  • Herausnehmbarer Zahnersatz
  • Langzeitprovisorien
  • CAD/ CAM gefertigter Ersatz

Bei Vorfällen, Beschwerden und Schmerzen des Patienten wird alles genau dokumentiert und archiviert. Die klinische Bewertung ist ein systematisch strukturierter Prozess des Qualitätsmanagementsystems, um fortlaufend Analysen und Bewertungen des klinischen Zustandes zu sammeln.

Jede Reklamation, Kulanz, Schlussfolgerungen aus Nutzen-Risikoabwägungen und Ergebnisse der Datenanalysen werden zusammengetragen und spätestens alle 2 Jahre routinemäßig in einen Sicherheitsbericht eingearbeitet. Sollte ein sogenanntes Vorkommnis passieren, muss der Sicherheitsbericht direkt unverzüglich geschrieben werden.

Merke:
Statistiken über die „Vorkommnisse“ und Fertigungsmengen erlauben eine genaue Risikobetrachtung und Bewertung, welche mit den Maßnahmen im Sicherheitsbericht zusammengefasst werden. Ab Mai 2023 hat jede Zahnarztpraxis/ jedes zahntechnische Labor routinemäßig einen Sicherheitsbericht zu erstellen und auf Verlangen der Behörde vorzulegen.

FAZIT:

MDR ist PFLICHT. Halte Dich an die Vorgaben aus der MDR, dann wird es verständlicher und leichter.

Möchtest Du mehr zum Thema MDR und Sonderanfertigungen wissen? Dann nimm am Bootcamp MDR teil. Du gewinnst noch mehr Sicherheit und Klarheit und erleichterst Dir dadurch entscheidend Deinen Praxisalltag.

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